2. Ice Swimming World Championships und 3. Ice Swimming German Open vom 6.-8.1-17 in Burghausen

„Everything is sweetend by risk“ (Nuala Moore)

 

Mit diesem Spruch signierte mir Nuala ihr Manual „An Insight Into The World Of Ice Swimming“ das ich derzeit lese. Wir hatten viele interessante Gespräche miteinander an diesem Wochenende, an dem sich Mitglieder der Eisschwimmerfamilie aus aller Welt in Burghausen trafen um sich im Eiswasser zu messen.

Wir reisten am Donnerstag Mittag an, so hatte ich genug Zeit meine Startunterlagen zu holen und den Medical check zu absolvieren. Auch meine Eltern kamen in diesem Jahr mit. Meine Aufregung hatte ich offenbar schon in den beiden Tagen zuvor verschossen, da gab ich häufiger mal das heulende Elend. Am Donnerstag konnte ich mit Blutdruck-Bestwerten aufwarten, Puls und Temperatur waren optimal.

Zur Eröffnungsfeier am Abend zogen wir Teilnehmer in einem langen Einmarsch der Nationen vom Hotel über die Burg zum Wöhrsee, wo die Eröffnungsfeier stattfand. Die Wettkampfarena war dieses Jahr nochmals aufgetunt worden, es gab schwimmende Stege zu beiden Seiten des Wettkampfbeckens, die dieses Mal auch wesentlich mehr Menschen trugen als im letzten Jahr. Leider waren die Bahnen aber wieder sehr eng geleint, was für mich den Ausschlag gab mich nicht zu dem Lagenwettbewerb anzumelden. Ich bin technisch nicht so sicher in den anderen Lagen außer Kraul und wollte vermeiden mir die Arme an den Leinen anzuschlagen. Das tut nämlich richtig weh im Eiswasser.

Die Eröffnungsfeier war sehr schön mit Feuershow und Feuerwerk, unter der beleuchteten Burg im Schnee.

 

 

Die Bedingungen waren einer Weltmeisterschaft im Eisschwimmen mehr als angemessen. Am Freitag, dem WM-Tag, lagen die Außentemperaturen bei – 12 Grad, das Wasser brachte es auf kuschelige 3,6 Grad. Die Kulisse war eindrucksvoll. Der Wöhrsee dampfte zu Füßen der längsten Burg Welt. Ich startete im 4. Lauf, die Einteilung geschah nach den Meldezeiten. Etwas großkotzig hatte ich 17 min gemeldet, mit dem wenigen Training war mir aber klar, dass es dazu wohl nicht reichen würde. Es gab eben wichtiger Dinge im vergangenen Jahr ;-)

Meine Aufregung hielt sich auch direkt vor dem Wettkampf in Grenzen, allerdings hatte ich Angst; mir ging der Arsch auf Grundeis und das schon die Tage zuvor. Zu sehr hatte ich die Erinnerung an einen Schwumm bei -12 Grad und 0,8 Grad Wassertemperatur in Erinnerung. Damals hatte ich nach nur 4 min im Wasser hochrote, dick geschwollene, schmerzende Finger.

Birgit und ich waren in den letzten Wochen zwar häufig bei extrem tiefen Wassertemperaturen von 2 oder weniger Grad geschwommen, allerdings lag die Lufttemperatur meist um den Gefrierpunkt.

Aber WM ist eben WM und da wird geschwommen, zumindest wird es versucht. Punkt!

Als Second, meinen Betreuer, hatte ich diesmal meine Mama dabei. Sie hat vielleicht vom Schwimmen nicht die größte Ahnung, kennt mich aber am längsten von allen und hat medizinisch ne Ahnung. Sie war glaube ich aufgeregter als ich selbst.

Wir schauten uns Birgits Lauf an, das Wissen, dass sie es geschafft hat, beruhigte mich sehr, dann begaben wir uns gegen 10 ins Umkleidezelt und ich stopfte mich in meinen Wettkampfanzug. Immer wieder ein Schauspiel lach. Kappe auf, Wärmemantel an, Brille und Ohrenstöpsel hatte ich auch dabei, ebenso die Karten zur Akkreditierung und ab ins Vorstartzelt. Dort musste ich mir noch einen Gurt umschnallen um im Fall des Falles leichter zu packen und zu retten zu sein. Auf Bojen wurde in diesem Jahr verzichtet. Einerseits gut, weil ohne leichter zu wenden ist, andererseits ist es mit einfach sicherer, besonders da durch die Pumpen die das Becken eisfrei hielten, Sediment aufgewirbelt wurde und die Sicht unter Wasser eingeschränkt war.

 

 

Die Hells Bells erklangen, wir marschierten auf die Startbrücke.

 

Lane 5, representing Germany, Sabine Croci

 

lächeln, winken, lächeln

 

Die Startzeremonie bekann.

„take off your clothes“, „go into the water“, „on your marks“ beeep

 

Mein Weltmeisterschaftsschwumm begann. Da ich mir keine Hoffnung auf einen gute Zeit machte guckte ich kaum was die Konkurrentinnen neben mir trieben, sonder schwamm meinen Stiefel. Die ersten 100 m wie üblich schneller in 1:35,27, bei 150 standen 2:26 auf der Tafel, bei 300 5:03, 350 5:56, dann mal 10:18 und 13:54, das dürfte bei 850 m gewesen sein, 16: 37 bei 950 und zum Schluß eine unglaubliche 17:28,19 min, rund 10 sec schneller als im letzten Jahr. Lotta, die neben mir schwamm und die ich als viel schneller als mich in Erinnerung hatte, schlug nur 2 sec vor mir an.

Im Wasser fühlte ich mich wie sonst auch, ich hatte weder Schmerzen noch sonstige Probleme. Hände und Füße wurden halt mit der Zeit gefühlsarm, aber das kenn ich ja. Die Wenden waren schwieriger als sonst, da ich das flache Anschlagen nicht gewohnt bin und die Wände vereist waren.

 

 

Einmal schlug ich mit dem Handrücken auf eine Leine, zum Glück gab das aber nur einen kleinen Hubbel der bald wieder verging. Als es dann rum war, war ich aber zugegeben froh, wieder raus zu dürfen. Die Leitern waren eine nicht kalkulierte Herausforderung, da auch diese eingeeist waren und entsprechend glatt. Wie das halt so ist bei den Temperaturen ;-) ich bekam ja auch eine helfende Hand gereicht und hatte wieder festen Boden unter den Füßen, kalten festen Boden, sehr kalten festen Boden. Schuhe, Schuhe, ich brauche Schuhe, meine armen Füße! Meine Mama hängte mir derweil schon mein Handtuch und meinen Mantel über, dann brachte sie mich zu einem der beiden Saunazelte die direkt am Startbereich aufgebaut waren. Weiter hätte ich auch gar nicht gehen wollen. Innen war es angenehm warm, wir Schwimmerinnen wurden in warme nasse Tücher gewickelt, was anfangs echt gut tat. Dem Impuls auch meine Füße einwickeln zu lassen konnte ich gerade noch widerstehen. Zu groß waren die Bedenken, die Zentralisation zu schnell aufzuheben. So ließ ich mir immer wieder neu gewärmte Tücher um den Oberkörper, Schultern und Bauch legen. Bis es mir am Rücken kühl wurde. Heather, die in meinem Lauf geschwommen war, meinte ich soll aufstehen, wenn ich stehen kann, oben ist es wärmer. Das funktionierte gut, ich legte mir mein trockenes Handtuch um und schlürfte stehend immer wieder vom Tee, den Mama mir gereicht hatte. Einige Zeit später wurde mir wieder kalt, ich schlüpfte aus dem nassen Anzug und ging in meinen Mantel gemummelt in das wärmere Saunafass, immer schön bewacht von meiner Mutter. Dort blieb ich bis es mir zu warm wurde, eine Stunde nach meinem Start stand ich aufgewärmt und angezogen wieder bei meiner Familie.

Einen besonderen Moment schenkte am Nachmittag Padraig Mallone der Veranstaltung. Er schwamm seinen WM-Lauf, stieg aus dem Wasser und bemerkte kurz darauf, dass ein Schwimmer seines Teams offenbar keinen so guten Tag hatte und noch im Wasser kämpfte. Er stieg kurzerhand wieder ins Wasser und begleitete den Schwimmer, seinen Onkel, auf der Nebenbahn. Dazu musste er wesentlich langsamer schwimmen als zuvor, was nach 1000 Wettkampfmetern ziemlich hart ist. Hut ab vor diesem Sportlerherz, Paddy, you made my day! ;-)

Am Abend fand das Gala-Dinner und die WM-Party, beides war ins Bürgerhaus verlegt worden, statt. Zum Glück konnte ich einige WM-Teilnehmer finden, die keine Begleitpersonen dabei hatten und so meine gesamte Familie mitnehmen, nachdem derjenige, der mir Karten zugesagt hatte, sie nun doch nicht zur Verfügung stellte. Vielen Dank nochmal an Birgit, Yasmine und Sinne, ihr habt mir den Abend gerettet :-* Der wurde dann auch wirklich schön, der Koch war so nett uns Veganern einen extra Teller mit kompatiblen Leckereien zu bringen. Yammi. Geendet hat der Abend in einer Bar auf dem Weg, sooo lustig, richtige WM-Feierlaune mit Eisschwimmern aus aller Welt.

 

 

Den Samstag ließen wir geruhsam angehen, ich hatte keinen Start an diesem Tag, wäre aber fast noch bei einer Staffel eingesprungen. Zum Glück übernahm Birgit den Staffelpart, mir taten die Arme vom Vortag weh.

Wir haben uns Burghausen angesehen, waren endlich einmal mit Ruhe auf der Burg und in der Stadt. Natürlich ließen wir uns auch am See sehen, um einige Läufe anzugucken. Besonders die Lagen haben mich interessiert.

Abends gab es Pizza bei den Lieblingsitalienerinnen.

 

Am Sonntagmorgen lag Burghausen unter einen schönen Schneedecke und es schneite unermüdlich weiter. Mein erster Start waren die 500 m Kraul. In der dritten Startgruppe um 09.30 Uhr stieg ich ins mittlerweile nur noch 2 Grad warme Wöhrseewasser. Die Luft war wärmer geworden und lag bei ca. -4 Grad. Ich fand auch diesmal ganz gut in meinen Rhythmus, hatte aber Probleme beim Wenden, da die Bretter noch vereister waren als am Freitag. Die Leitern übrigens auch, aber da muss man als Eisschwimmer halt durch. Das Rennen lief gut, ich konnte auch hier meine Zeit vom letzten Jahr verbessern, eine 08:31,74 stand am Schluss auf der Anzeigetafel. Zum Aufwärmen bin ich wieder erst ins Saunazelt, allerdings diesmal ohne nasse Tücher und nach einer Weile weiter in das wärmere Saunafass. So hat das einfach gut funktioniert für mich.

Da die Zeit bis zum nächsten Start etwas knapp war, gingen mein Vater, Robby und unsere Tochter zum Auschecken zum Hotel, meine Mum und ich blieben am See und sahen uns die kommenden Wettkämpfe an. Vor lauter Gucken und Anfeuern bin ich fast zu spät zum 50 m Start gekommen.

Kurzstrecke, warum tu ich mir das an? Fragte das Töchterlein zuvor. Nun ich kann es nur mit einem Zustand geistiger Umnachtung erklären, in dem ich mich wohl befand beim Anmelden. Ich bin halt kein Sprinter. Und statt dass ich wenigstens wie im Becken nen 4er Zug geschwommen wäre, bin ich im Zweiterzug durchgeprügelt, hab die Wende völlig versemmelt und war nach 41,96 sec wieder am Ausgangspunkt an der Leiter. Hätte schlimmer kommen können und reichte ebenfalls für den 2. AK-Platz.

Den Start über die 200 m ließ ich sausen. Es hatte den ganzen Tag weiter geschneit, darum entschlossen wir uns lieber früher die Heimreise anzutreten.

 

Es war wieder ein tolles Wochenende mit der internationalen Eisschwimmerfamilie. Ich hatte tolle Gespräche, v.a. auch mit Nuala Moore, von der der Spruch zu Beginn des Berichtes stammt. Ich habe mich riesig gefreut so viele verschiedene Verrückte Gefrorene und Angefrostete (die erst beginnen im Eis zu schwimmen oder noch gar nicht wissen, dass sie es tun werden) zu treffen, es war wunderbar.

 

Vielen Dank an meine Familie, die das Wochenende im Eis einmal mehr mit ge- und ertragen hat, ganz besonders an meine Mama für die Betreuung. Das muss man auch erst mal aushalten ;-)

 

Ein ganz, ganz riesengroßes Dankeschön an die unermüdlichen Helfer! Ihr habt einen tollen Job gemacht! Von euch lebt so eine Veranstaltung! Fühlt euch alle gedrückt.